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Was Männer wirklich wollen

Von: den Fachberater*innen aus dem RB Berlin der awo lifebalance GmbH

 

Ein Perspektivwechsel auf die Thematik Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Der Diskurs um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zieht schon seit einigen Jahren seine Kreise durch die verschiedensten gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Gremien, Institutionen und Einrichtungen. Dementsprechend präsent ist die Thematik auch in den medialen Foren.

Die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben wird dabei häufig in einem Atemzug mit der gleichberechtigten Teilhabe von v.a. Frauen am Erwerbsleben diskutiert. Zunehmend rücken auch die Unternehmen in den Fokus, die unter dem Slogan Familienfreundlicher Arbeitgeber Arbeitnehmer*innen anwerben und langfristig binden wollen. Eine beteiligte Personengruppe fällt diskursiv jedoch weniger ins Gewicht – die Männer, die Väter, die (alleinerziehenden) Papas dieser Welt.

Vor allem gut qualifizierte Frauen steigen nach der Geburt eines Kindes immer früher und zielorientierter in ihren Beruf ein. Wenn auch längst nicht in gleichem Maße, wächst die Familienorientierung der Männer und die Bereitschaft, bei der Betreuung und Erziehung der Kinder volle Verantwortung zu übernehmen. Junge Väter dürfen, können und müssen dies angesichts der begrenzten Betreuungsplätze und Betreuungszeiten sowie einem fehlenden familiären Netzwerk v.a. im städtischen Raum tun.

„Dies führt dazu, dass mit den Vätern ein wesentlich größerer Arbeitnehmerkreis als bislang mit den Problemen der Balance von Berufs- und Familienleben konfrontiert wird.“[1] Zwar klaffen Theorie und Praxis auseinander und beide Partner fallen noch immer schnell in klassische Familienrollen zurück[2], dennoch können wir vor dem Hintergrund unserer mehr als 10-jährigen Beratungspraxis festhalten: die Väter sind auf dem Vormarsch.

Aus unseren telefonischen und persönlichen Beratungen können wir berichten, dass die Männer immer stärker in die Verantwortung genommen werden. Dies bezieht sich nicht nur auf die Begleitung vor, bei und nach der Geburt der neuen Erdenbürger*innen, sondern auch auf die Inanspruchnahme von Elternzeit und Elterngeld. Sogenannte „Vätermonate“, werden mittlerweile als selbstverständlich angenommen und umgesetzt. Vereinzelt unterstützen wir sogar Elternpaare, bei denen die Mutter unmittelbar nach dem Mutterschutz (8 Wochen nach der Geburt) wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt und der Vater viele Monate Elternzeit und -geld in Anspruch nimmt. Dies scheint v.a. für Familien relevant zu sein, in denen die Frau einen höheren Verdienst als der Vater zum Familienglück beisteuern kann. Nach wie vor erleben wir in der Beratung, dass die Eltern hier sehr genau rechnen (müssen), welcher Partner wieviel Elterngeld bekommt und wie hoch das Familieneinkommen während der Elternzeit sein kann. Grundsätzlich bemerken wir, dass das Interesse an „gleichberechtigten“ Beratungen von Familien ausgeht, die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ein eher höheres monatliches Budget zur Verfügung haben. Familien mit einem geringeren Einkommen fehlt hier aus unserer Perspektive schlicht der nötige Handlungsspielraum.

Mit dem Blick auf die Arbeitszeitmodelle können wir ebenfalls einen Wandel feststellen. Die Angebote, auch als Führungskraft aus dem Home-Office oder für einen abgesteckten Zeitraum in Teilzeit zu arbeiten, ermöglichen, dass eben auch Väter in ihrer neuen Rolle aufgehen können. Besonders im ersten Lebensjahr des Kindes ist es keine Seltenheit mehr, dass Männer dank Basiselterngeld, ElterngeldPlus und dem Partnerschaftsbonus die flexiblen Möglichkeiten Beruf und Familie zu vereinbaren, intensiv nutzen. So bezieht mehr als jeder dritte Vater heute Elterngeld und nimmt sich damit nach der Geburt des Kindes ganz explizit Zeit für seine Familie.

Im Rahmen unserer Beratung loten wir aus, welche Optionen für die jeweiligen Familienkonstellation gegeben sind und welches Wiedereinstiegsmodell für die Situation der Familie am besten passt, sodass sich keine unerwarteten finanziellen Probleme ergeben, sich alle Beteiligten wohlfühlen und gemeinsam auf die „Quality-Time“ mit ihrem Nachwuchs konzentrieren können.

Auch langfristige „Teilzeit-Papas“ und „Vollzeit-Mamas“ begleiten wir in den letzten Jahren vermehrt. So holen in diesem Fall dann eher die Väter Ihre Kinder zuverlässig schon um 16 Uhr aus der Kita ab, wohingegen die Mütter erst gegen 18 Uhr von der Arbeit nach Hause kommen. Um mögliche Engpässe im Krankheitsfall der Kinder oder bei terminlichen Notfällen am Arbeitsplatz zu überbrücken bzw. auszugleichen, bemühen sich dann viele Eltern um eine private Betreuungsperson, die ein bis zwei Nachmittage in der Woche unterstützt. Auch für diesen Fall stehen wir beratend zur Seite und begleiten Familien kompetent und umfassend von der konkreten Suche bis zur Anstellung der Betreuungsperson.

Immer mehr Familien gehen hier mit für sie passenden Modellen voran, was wiederum andere Mütter und Väter, in unserem Fall meist Kolleginnen und Kollegen, ermutigt ebenfalls umzudenken. Eng damit verbunden ist das Aufbrechen alt hergebrachter Rollenbilder, vom Vater als „Ernährer der Familie“ hin zu dem Konzept von „aktiver Vaterschaft“.[3] Wir erleben täglich viele engagierte und leidenschaftliche Väter und können diesen Wandel zur unterstützen.

Abschließend bleibt festzustellen, dass wir bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus Sicht der Väter tendenziell von einem wichtigen „Luxus-Problem“ unserer Gesellschaft sprechen. Gerade alleinerziehende Väter und auch Mütter oder aber Familien mit geringerem Einkommen, Väter und Mütter, die in Schichtarbeitsmodellen arbeiten, gleichgeschlechtliche Familienkonstellationen oder Familien aus dem ländlichen Raum (wo flexible Arbeitszeitmodelle teilweise noch immer ein Fremdwort sind und wandelnde Rollenbilder eher skizziert als gelebt werden) profitieren bisher zu wenig, eben auch von unseren Beratungsangeboten. Hier könnten Unternehmen noch gezielter unterstützen, indem sie potenziell entstehende Kosten von z.B. einer ergänzend vermittelten Betreuungsperson vollständig übernehmen oder Kontingente von Notfallbetreuungstagen für Ihre Beschäftigten etablieren.

 

[1] BMFSFJ — Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2003): Betriebswirtschaftliche Effekte familienfreundlicher Maßnahmen. Kosten-NutzenAnalyse, Berlin, S. 8.

[2] Vgl. Wassilios E. Fthenakis/ Beate Minsel (hrsg. Von dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend): Die Rolle des Vaters in der Familie, Stuttart u.a. 2002, S. 150.

[3] Vgl. Li, Xuan/Zerle-Elsäßer, Claudia/Entleitner-Phleps, Christine/Schier, Michaela: Väter 2015. Wie aktiv sind sie, wie geht es ihnen und was brauchen sie? Eine aktuelle Studie des Deutschen Jugendinstituts, München 2015.

Die AWO lifebalance

Die awo lifebalance ist eine bundesweite Initiative der AWO. Sie bietet Unternehmen seit mehreren Jahren eine Fülle von Dienstleistungen zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die bundesweite Vernetzung mit vielen Regionalbüros ermöglicht eine optimale Ausrichtung an den Bedürfnissen und lokalen Besonderheiten vor Ort.

 

Das Regionalbüro Berlin unterstützt Arbeitnehmer*innen in den Bereichen der Kinderbetreuung und der psychosozialen Beratung. Wir beraten Sie umfassend bei der Suche nach einem Betreuungsplatz für Ihr Kind, vermitteln Ihnen Betreuungspersonen in Ihren Haushalt, organisieren Veranstaltungs- und Fortbildungsbetreuung und führen Ferienspiele durch. Auch bei Fragen zur Gestaltung der Elternzeit und dem Beantragen des Elterngeldes sowie bei pädagogischen Fragen z.B. zur Eingewöhnung unterstützen wir sehr gern.

 

Anfragen von interessierten Unternehmen gerne an: info@awo-lifebalance.de

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