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Die Arbeiterwohlfahrt setzt sich auf europäischer Ebene für Solidarität unter den Mitgliedsstaaten ein und fordert legale und ungefährliche Zugangswege für Schutzsuchende nach Europa. AWO-Bundesvorstandsmitglied Brigitte Döcker sagt hierzu: „Bis eine dauerhafte europäische Lösung gefunden wird, sollte sich eine Koalition hilfsbereiter, europäischer Staaten dazu bereit erklären, alle Menschen, die aus internationalen Gewässern gerettet werden, nach einem vorher ausgehandelten Schlüssel aufzunehmen und diesen Zugang zu einem individuellen Asylverfahren zu gewähren. Diese Notregelung ist dringend erforderlich, um die aktuelle humanitäre Krise zu entschärfen. Ein Zusammenschluss aufnahmebereiter Staaten wäre nicht nur ein sichtbares Zeichen von Solidarität und Kooperation, sondern auch Ausgangspunkt für weitere Schritte zu tragfähigen, europäischen Lösungen. Jetzt ist der Zeitpunkt zu handeln!“
Weiter führt Brigitte Döcker aus: „Sichere Aufnahmeorte für Gerettete können nur innerhalb der EU sein. Wir fordern die Bundesregierung und andere europäische Staaten auf, die Unterstützung der sog. lybischen ‚Küstenwache‘ einzustellen. Nach Libyen zurückgebrachte Menschen sind systematisch Folter, Versklavung und Gewalt ausgesetzt.“
Die EU verletzt mit ihrer Politik das Verbot der Zurückweisung (non-refoulment-Verbot) aus Art 33. des Genfer Flüchtlingsschutzes. Es verbietet die Zurückweisung und Rückführung von Personen in Staaten, in denen ihnen Verfolgung, Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
„Neben einer menschenrechtskonformen staatlichen Lösung muss die zivile Seenotrettung die uneingeschränkte Möglichkeit zur Lagebeobachtung erhalten, um in internationalen Gewässern Menschenleben retten zu können. Die Pflicht zur Seenotrettung ist selbstverständliches professionelles Handlungsgebot aller Menschen, die zur See fahren. Es ist vergleichbar mit dem hippokratischen Eid der Ärzte.“, so Brigitte Döcker.
Erneut findet derzeit eine humanitäre Katastrophe auf dem Mittelmeer statt: Seit mehreren Tagen wartet die Crew des Rettungsschiffs „Ocean Viking“ von SOS MEDITERRANEE auf die Zuweisung eines sicheren Hafens. 356 Menschen in Not wurden in vier Einsätzen im zentralen Mittelmeer gerettet. Aufgrund ausbleibender Antworten der libyschen Behörden hatte das Team die maltesischen und italienischen Seenotrettungsleitstellen um die Zuweisung eines sicheren Ortes zur Ausschiffung der Geretteten angefragt.
„Diese Menschen müssen schnellstmöglich an Land. Allein in diesem Jahr sind mehr als 840 Menschen beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, ums Leben gekommen. Es ist unsere humanitäre Pflicht, das Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden“, so Ingrid Lebherz, Geschäftsführerin von AWO International.
Hintergrund: Seit dem Sommer 2018 spitzt sich die „Ausschiffungskrise“ im zentralen Mittelmeerraum immer weiter zu. Nach einer Zwangspause ist die SOS MEDITERRANEE seit Anfang August mit einem neuen Schiff wieder zurück auf dem Mittelmeer. Von 2016 bis 2018 betrieb sie das Rettungsschiff „Aquarius“ und hat bis zum Zeitpunkt der Festsetzung 29.523 Menschen auf dem Mittelmeer gerettet.
Die Arbeiterwohlfahrt steht als institutionelle Partnerin an der Seite von SOS MEDITERRANEE. Als Akteurin der Zivilgesellschaft ist die AWO außerdem den Forderungen der Seebrücke-Bewegung und dem Städtebündnis „Sichere Häfen“ verbunden. Europäische und deutsche Kommunen, sollten in ihrer Absicht gestärkt werden, über den Königsteiner Schlüssel hinaus Geflüchtete aufzunehmen.
Nach Angaben des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ertranken im Jahr 2018 mindestens 2.275 Menschen. 2019 fanden bereits 669 Menschen den Tod bei der Flucht über das Mittelmeer.
Ein Forderungs- sowie ein Hintergrundpapier können nachfolgend heruntergeladen werden.