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AWO Kreisverband Bielefeld: Quartiersarbeit Schildesche - „Ressourcen bündeln, um gemeinsam statt allein zu sein".
Einsamkeit betrifft viele Menschen. Mit der Pandemie und während des Lockdowns wurde Einsamkeit verstärkt zur Herausforderung. Senior*innen und Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen trafen die Kontaktbeschränkungen - wie auch alle weiteren vulnerablen Personengruppen - besonders hart.
Seit 2012 hat die AWO an bundesweiten Standorten über 100 Quartiersentwicklungsprojekte aufgebaut. Ziel von sozialräumlicher Quartiersarbeit ist es, gemeinsam mit Bewohnerschaft, lokalen Akteur*innen und der Kommune die Lebensbedingungen vor Ort zu verbessern. Das umfasst sowohl die bedarfsrelevante Gestaltung von Infrastrukturen und des Wohnumfeld als auch die Stärkung von Teilhabemöglichkeiten.
Wie Einsamkeit im Kontext der Pandemie/ Lockdowns wahrgenommen und angegangen wurde berichten zwei Quartiersentwicklerinnen der AWO.
Sonja Heckmann vom KV Bielefeld erzählt:
Wie haben Sie gemerkt, dass Einsamkeit im Rahmen der Pandemie/ des Lockdowns ein Problem (im Quartier) ist?
Die Quartiersarbeit in Schildesche (Bielefeld) lebt von den sozialen Kontakten, vom Miteinander der Menschen – gerade auch der unterstützungsbedürftigen Bewohner*innen und von der vielfältig gelebten Netzwerkkultur im Sinne einer Sorgenden Gemeinschaft im Quartier. All` dies wurde im ersten und den weiteren Lockdowns heruntergefahren bis hin zum Stillstand der analogen Gruppentreffen in den Begegnungsorten des Quartiers. Durch viele persönliche Gespräche und Beobachtungen haben wir gemerkt, wie sehr sich Menschen zurückgezogen haben – mal aus Angst vor einer Ansteckung, mal aus Unsicherheit und auch, weil es keine öffentlichen Orte gab, zu denen Menschen hinkommen konnten, die nicht in ein soziales, nachbarschaftliches Gefüge eingebunden sind. Zurückblieben Gefühle der Traurigkeit, des Unverständnisses und des einsam Seins.
Was haben Sie i. R. des Quartiersprojekts: „Quartiersarbeit Schildesche - „Ressourcen bündeln, um gemeinsam statt allein zu sein“ dagegen gemacht/ machen können?
Wir haben in unserer Arbeit schon früh damit begonnen Einzelkontakte zu den Menschen im Quartier aufzunehmen – hierbei haben wir versucht durch 2 Arten von sehr unterschiedlichen Zugangswegen mit den Menschen in Kontakt zu treten, um ihnen so zu signalisieren „Sie sind nicht allein – gemeinsam schaffen wir das!“.
So haben wir die bestehende ehrenamtliche Telefonkette ausgebaut und die eher zurückgezogenen Bewohner*innen des Quartiers regelmäßig angerufen.
Darüber hinaus hat das Bürgerforum Schildesche (ein Netzwerk engagierter Bürger*innen des Quartiers) gemeinsam mit den Kooperationspartnern des Bielefelder Modells (AWO und BGW als kommunales Wohnungsunternehmen) gebastelte Nachbarschaftsgrüße und kleine Blumengrüße an wichtigen Tagen / Festen wie Ostern, Tag der Nachbarn, Weihnachten u.ä. persönlich überbracht. Dies hat die Bewohner*innen doch sehr berührt – das altmodische Briefe- und Karteschreiben wurde wieder „modern“
Zudem haben wir ein wöchentliches „Singen vo(r)m Balkon“ organisiert.
Neben diesen analogen Zugängen zu den Menschen haben wir schon sehr früh hybride und digitale Veranstaltungen und Austauschmöglichkeiten organisiert, so z.B. Lesungen, digitale Rundgänge durchs Quartier, digitale Fotovorträge und Informationsveranstaltungen über Videokonferenzen, Netzwerktreffen wurden über Videokonferenztools gestaltet und wo es ging, wurden analoge Veranstaltungen durch digitale Liveübertragungen im Wirkungskreis gestärkt.
Wie muss es aus Ihrer Perspektive weitergehen, damit die Menschen - auch nach Lockdown/ Pandemie – nicht vereinsamen?
Wir haben in den letzten Monaten die Ressourcen des Quartiers (Ehrenamt, Hauptamt, offene Begegnungsorte, finanzielle Unterstützung, bürgerschaftliches Engagement, interdisziplinäre Netzwerkpartner etc.) konsequent zusammengeführt, um noch verstärkter miteinander zu kooperieren. Zudem haben wir das große Potenzial der Digitalisierung aufgegriffen, im Quartier erfolgreich implementiert und werden diese Weiterentwicklungspotenziale durch die Digitalisierung auch nach der Pandemie nutzen, um erweiterte Zugänge zu den Menschen zu finden – ohne dabei das Analoge / das Bewährte aus dem Blick zu verlieren.
„Zuhause in Moldsch“
Welche Umgangsweisen im Quartiersprojekt „Zuhause in Moldsch“ entwickelt werden konnten erzählt Susanne Hohlfeld-Heinrich vom AWO LV Saarland. Das Interview finden Sie unter dem nachfolgendem Link.
Weiteres zur Bundestagswahl
Die AWO begleitet die 12 Wochen bis zur Wahl unter dem Motto „Deutschland, Du kannst das!“ mit sozial- und gesellschaftspolitischen Forderungen an die kommende Bundesregierung. Dieser Artikel wurde im Rahmen der Themenwoche „Gute Pflege für alle“ veröffentlicht. Mehr dazu unter: https://awo.org/bundestagswahl-2021