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Heute wird der Referentenentwurf für ein "Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz“ im Bundesgesundheitsministerium angehört. Die AWO lehnt einige der darin vorgesehenen Regelungen zur außerklinischen Intensivpflege entschieden ab.
Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass außerklinische Intensivpflege und damit auch außerklinische Beatmung nur noch dann zu Hause erbracht werden können, wenn eine Erbringung in einer vollstationären Pflegeeinrichtung oder in einer neu zu schaffenden speziellen Wohneinheit nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Nur bei Versicherten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr wird die Pflege außerhalb der eigenen Häuslichkeit in der Regel als nicht zumutbar angesehen.
Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes: „Der Gesetzesentwurf beschneidet die Rechte von Menschen mit Behinderungen, wirft das Bemühen um Inklusion und Teilhabe weit zurück und kann in letzter Konsequenz sogar lebensbedrohliche Auswirkungen haben.“
Viele Menschen mit Behinderungen leben schon heute dank des medizinischen und technischen Fortschritts mit außerklinischer Beatmung im eigenen Zuhause. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der UN Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 gemäß Artikel 19 verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass Menschen mit Behinderungen ihren Wohnort frei wählen können und nicht verpflichtet werden, in besonderen Wohnformen zu leben. Das geplante Gesetz würde unzähligen Menschen diese Freiheit nehmen.
Es bleibt zu befürchten, dass durch die geplante Regelung in Zukunft die meisten erwachsenen Menschen, die auf Beatmung angewiesen sind oder sein werden, nicht mehr frei wählen können, wo sie wohnen, sondern zum Umzug in eine spezialisierte Einrichtung gezwungen werden, weil das als zumutbar angesehen wird. Daran ändert auch der geplante Bestandsschutz für bereits jetzt im eigenen Zuhause beatmete Menschen nichts. Und noch viel besorgniserregender: Menschen mit einer fortschreitenden Erkrankung könnten eine nötige Beatmung hinauszögern, weil sie Angst haben, aus ihrem gewohnten Lebensumfeld herausgerissen zu werden.
„Die geplante Reform soll zu einer besseren Qualität der Intensivpflege beitragen. Stattdessen erschwert sie das Leben der Betroffenen massiv. Für sie bedeutet es de facto Freiheitsentzug. Das ist untragbar“, so Döcker.
Kontakt:
Jennifer Rotter
Pressesprecherin