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Deutsch-französisches Interview zum Europatag
Die AWO unterhält im Bereich des internationalen Jugendaustausches enge Beziehungen zu ihrem französischen Partnerverband Les Francas. Über diese Zusammenarbeit und die Rolle der deutsch-französischen Zusammenarbeit im europäischen Kontext spricht Christin Lübbert, Referentin für Europa und internationalen Jugendaustausch im AWO Bundesverband, mit Marielle Cartiaux Ourabah, Leiterin der europäischen und interkulturellen Programme bei den Francas in Paris.
C.L. (AWO): Hallo Marielle! Nimm uns zum Einstieg in unser Gespräch mal mit in euren Verband. Was machen die Francas und was sind die gemeinsamen Werte der Francas und AWO?
M.C.O. (Francas): Hallo Christin! Die Francas sind ein 1944 in Frankreich gegründeter Mitgliederverband im Bereich der non-formalen Bildung. Die Francas setzen sich dafür ein, die Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen durch Bildung zu fördern. Als landesweit tätiger Verband erreichen die Francas mit ihren Angeboten jährlich 1.700.000 Kinder und Jugendliche in 3.000 Vereinen und Gemeinden. Die Francas teilen mit der AWO ein ambitioniertes Gesellschaftsprojekt. In unseren Leitsätzen und Grundsatzprogrammen teilen wir drei gemeinsame Werte: Freiheit, Gleichheit und Solidarität.
Seit mehr als 30 Jahren führen wir jedes Jahr Projekte in Partnerschaft mit der AWO durch:
- deutsch-französische Kinder- und Jugendbegegnungen, u. a. im Grenzraum Saarland und Département Moselle, wo die lokale Partnerschaft zwischen ACLEF, Mitglied der Francas de Moselle, und dem AWO Kinderhaus du Bonheur 2022 ihr 10-jähriges Bestehen feiert,
- Jugendbegegnungen von jungen Freiwilligen im FSJ und „Service civique“ zwischen den Francas d'Occitanie und der AWO Weser-Ems mit einem eigenen Projektblog,
- Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte der Jugendarbeit und Jugendleiter*innen zum Einstieg in den deutsch-französischen Jugendaustausch und 2021 erstmals auch zum digitalen Jugendaustausch unter dem Titel eYouth connect
- und Pilotprojekte wie z. B. das internationale Festival der Kinderrechte und Bürgerschaft in Paris, an dem die AWO Thüringen mit einer Gruppe von Kindern beteiligt war, oder der Fachtag zur Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Pont-à-Mousson in Zusammenarbeit mit dem Jugendwerk der AWO Saarland.
C.L. (AWO): Am 9. Mai ist Europatag. Was bedeutet Europa für die Francas und welches sind eure europabezogenen Angebote für Kinder und Jugendliche?
M.C.O. (Francas): Für die Francas ist Europa ein Lebens-, Bildungs- und Handlungsraum für Kinder und Jugendliche. In diesem Jahr starten wir „Jouer l‘Europe“, übersetzt „Europa spielen“. Es handelt sich um eine Initiative, um Europa auf kind- und jugendgerechte Weise zu entdecken, nämlich über europäische Bildungsarbeit in Ferien- und Freizeitangeboten.
Die Aktivitäten, die wir in Jugendzentren, Schulen und Jugendtreffs durchführen, setzen ganz konkret vor Ort und im Alltag der jungen Menschen an und werden in Form von Spielen umgesetzt. Das kann eine Rallye auf den Spuren Europas in einer Stadt sein, ein „Escape Game“, um sich mit europäischer Mobilität vertraut zu machen, ein Gesellschaftsspiel zu Kinderrechten in Europa oder eine Reihe mehrerer Treffen „auf dem Weg nach Europa“ auf den Spuren eines Maskottchens, das die Teilnehmenden mit verschiedenen europäischen Ländern bekannt macht.
Alle Aktivitäten wurden in dem Methodenhandbuch „Jouer l'Europe“ zusammengeführt. Dies wird zukünftig auch in einer übersetzten Version erscheinen.
Selbstverständlich bildet der europaweite Kinder- und Jugendaustausch die Grundlage und den Höhepunkt unserer europäischen Bildungsarbeit. Wir entwickeln unsere Aktivitäten und Angebote gemeinsam mit unseren Partnern, sei es mit unseren eigenen Verbänden und Einrichtungen in Frankreich, die europäische Themen aufgreifen, oder mit unserem Netzwerk aus Partnerorganisationen in anderen europäischen Ländern, welches wir über mehr als 50 Jahre aufgebaut haben.
C.L. (AWO): Welchen Stellenwert hat das Deutsch-Französische in euren europabezogenen und internationalen Aktivitäten?
M.C.O. (Francas): Die deutsch-französische Zusammenarbeit spielt in unseren europäischen und internationalen Aktivitäten eine ebenso historische wie wegweisende Rolle. Wir verdanken es der privilegierten Partnerschaften mit Deutschland, die durch das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) unterstützt wird, dass wir beispielsweise Kindern unter 13 Jahren ermöglichen können, an deutsch-französischen Begegnungen teilzunehmen, was etwa mit Erasmus+ nicht möglich ist. Dank dieser Partnerschaft organisieren wir auch trilaterale Begegnungen mit Deutschland und weiteren europäischen Ländern oder Nachbarländern der Europäischen Union.
Jedes Jahr entdecken pädagogische Fachkräfte und Jugendleiter*innen aus unserem Verband die vielen Möglichkeiten, die die deutsch-französische Kooperation bietet. Wir suchen daher regelmäßig lokale Partnereinrichtungen, die Interesse haben, mit uns Kinder- oder Jugendbegegnungen zu organisieren, mit neuen Formaten wie dem hybriden Austausch zu experimentieren sowie den Austausch zwischen Fachkräften und Jugendleiter*innen beider Länder durch Fortbildungen (Bafa-Juleica, Los geht’s!) oder Freiwilligendienste zu fördern. Wer Interesse an einer Kooperation mit uns hat, kann sich gerne bei uns melden.
C.L. (AWO): Ja, Interessierte können jederzeit Kontakt mit uns aufnehmen. Vielen Dank, liebe Marielle, für das interessante Interview! Ich bin schon gespannt auf unsere Kooperationen in den nächsten 30 Jahren!
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