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Nach wie vor sind Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt strukturell benachteiligt.
Die Teilhabe am Arbeitsleben ist wie kaum ein anderer Gesellschaftsbereich bedeutsam wie prägend für die Identität und das Bewusstsein eines jeden Mitglieds unserer Gesellschaft. Dies gilt auch für Menschen mit Behinderungen. Nach wie vor sind jedoch Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt strukturell benachteiligt.
Mit der Unterzeichnung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen hat die Bundesrepublik Deutschland das Recht aller Menschen mit Behinderungen auf Arbeit anerkannt. Trotzdem: Zu Beginn des Jahres 2021 waren über 180.000 Menschen mit Schwerbehinderung arbeitslos gemeldet.
Die AWO fordert deshalb, die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen endlich wirksam zu bekämpfen – mit einem tragfähigen und nachhaltigen Gesamtkonzept für einen wirklich inklusiven Arbeitsmarkt, der allen Menschen Zugang zu Beschäftigung und den Erhalt der Erwerbsfähigkeit ermöglicht. Dazu gehört auch, dass Arbeitgeber*innen, die Menschen mit Behinderungen einstellen wollen, und arbeitssuchende schwerbehinderte Menschen eine zentrale Anlaufstelle haben müssen, um Unterstützungsleistungen zu erhalten.
Heute ist es noch so, dass z.B. für die Finanzierung einer Rampe zur Schaffung eines stufenlosen Zugangs zum Arbeitsplatz oder für die Kosten einer blindengerechten PC-Ausstattung ganz unterschiedliche Ämter zuständig sein können – angefangen vom Inklusions- bzw. Integrationsamt über die Agentur für Arbeit, das Jobcenter, die Rentenversicherung bis hin zur Berufsgenossenschaft. Mit diesem Wirrwarr muss Schluss sein.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung sind die einheitlichen Ansprechstellen, die im Zuge des Teilhabestärkungsgesetzes zum 1. Januar 2022 geschaffen werden sollen. Sie haben jedoch nur Beratungs- und Lotsenfunktion, und das auch nur für Arbeitgeber*innen. Außerdem bleibt das Zuständigkeitswirrwarr für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten. Wir benötigen zur Förderung von Teilhabe am Arbeitsleben deshalb nicht nur eine zentrale Beratungsstelle mit Lotsenfunktion, sondern auch Unterstützungsleistungen aus einer Hand – und das nicht nur für Arbeitgeber*innen, sondern auch für arbeitssuchende schwerbehinderte Menschen!
Wirklich allen Menschen mit Behinderungen muss der Zugang zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt werden. Wer heutzutage aufgrund einer komplexen Einschränkung nicht ein sogenanntes Mindestmaß wirtschaftlicher Arbeitsleistung erbringen kann, dem wird in der Bundesrepublik Deutschland der Zugang zur Arbeit in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen verwehrt. Das ist eine nicht hinnehmbare Diskriminierung. Die AWO fordert deshalb schon lange, dass dieses ominöse Kriterium eines wie auch immer gearteten Mindestmaßes wirtschaftlicher Arbeitsleistung ersatzlos gestrichen wird. Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie endlich Arbeit für wirklich alle Menschen mit Behinderungen ermöglicht
Die AWO begleitet die 12 Wochen bis zur Wahl unter dem Motto „Deutschland, Du kannst das!“ mit sozial- und gesellschaftspolitischen Forderungen an die kommende Bundesregierung. Dieser Artikel wurde im Rahmen der Themenwoche „Inklusion“ veröffentlicht. Mehr dazu unter: https://awo.org/bundestagswahl-2021