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Von: Paula Wenning und Valentin Persau
Das Sozialschutzpaket III kommt!
Gestern hat das Bundeskabinett das Sozialschutzpaket III beschlossen.
Darin will die Bundesregierung zum einen bereits bestehende Maßnahmen gegen die sozialen Folgen von Corona verlängern und zum anderen neue Hilfen schaffen. Anschließend befasst sich der Bundestag mit dem Entwurf. Der folgende Blogartikel soll einen Überblick geben und eine erste Einschätzung zu den geplanten Änderungen anbieten.
Die Coronakrise ist und bleibt allgegenwärtig. Bestehende Armutslagen und Un-gleichheiten verschärfen sich weiter. Für viele Menschen entstehen neue Bedarfe und wirtschaftliche Unsicherheiten. Um sozialen Folgen der Coronakrise entgegenzuwirken und die soziale Infrastruktur zu erhalten, hat die Bundesregierung das Sozialschutzpaket III auf den Weg gebracht.
Inhalt sind dabei u.a. die folgenden Themen:
Der bereits bestehende erleichterte Zugang zu Grundsicherungsleistungen wird bis Ende 2021 verlängert. Das heißt, dass weiterhin ein vereinfachtes Antragsverfahren ohne vertiefte Prüfung zu Vermögen und Angemessenheit der Unterkunft genutzt werden soll.
Die AWO begrüßt diese Verlängerung ausdrücklich. Sie ist unbedingt notwendig. Denn sie trägt dazu bei, Hürden beim Zugang zu Sozialleistungen für leistungs-berechtigte Menschen abzubauen. Perspektivisch sollte im Rahmen der diskutierten Reform des SGB II an diese Regelungen angeknüpft werden, indem etwa die Angemessenheit der Wohnung und eine Vermögensprüfung mit einer längeren Karenzzeit versehen werden.
Verlängerung der Sonderregelungen zu den Bedarfen für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schulen und Werkstätten
Auch die bereits bestehende Regelung zur Mittagsverpflegung für bedürftige Kinder soll bis Jahresmitte verlängert werden. Diese sieht die Belieferung oder Abholung eines kostenlosen Mittagessens vor, das normalerweise in der Schule, Kita oder Werkstatt gemeinschaftlich gegessen wird.
Zwar sieht die AWO weiterhin den Bedarf, die wegfallende Verpflegung in den geschlossenen Einrichtungen zu kompensieren. Jedoch hat es die Bundesregierung erneut verpasst, bessere Regelungsoptionen zu nutzen. In den letzten Monaten haben sich Umsetzungsprobleme bei der Belieferung gezeigt. Viele Schüler*innen erreicht die Mittagsverpflegung tatsächlich nicht. Die AWO fordert, daraus endlich die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Sachleistung durch eine unbürokratische Geldleistung an die Betroffenen zu ersetzen. Damit werden die Familien in die Lage versetzt, sich nach eigenen Präferenzen und Abläufen mittags selbst zu versorgen.
Gänzlich neu ist die geplante Einmalzahlung i. H. v. 150 € für Sozialleistungsbeziehende. Durch Änderungen im SGB II, SGB XII, Bundesversorgungsgesetz sowie Asylbewerberleistungsgesetz soll die Einmalzahlung eingeführt werden, mit der die Mehraufwendungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie für die Monate Januar bis Juni 2021 ausgeglichen werden sollen. Leistungsberechtigt sollen alle Erwachsenen sein, die im Mai 2021 Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, Bundesversorgungsgesetz oder Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Kinder sollen über den geplanten Kindergeldbonus die gleiche Summe erhalten.
Aus Sicht des AWO Bundesverbandes ist die Einmalzahlung nicht der erwartete große Wurf, aber immerhin ein zaghafter und bescheidener Schritt in die richtige Richtung. Seit bald einem Jahr fordert die AWO einen finanziellen Ausgleich für die Corona-bedingten Mehrbedarfe, die die Bezieher*innen von existenzsichernden Leistungen regelmäßig haben. Die AWO sieht den Gesetzgeber in der Pflicht. Corona-bedingte Zusatzbelastungen ergeben sich beispielsweise aus den vermehrten bzw. höheren Ausgaben für Hygiene- und Gesundheitsartikel, Schnelltests, Lebensmittel, Digitalisierung, Strom und häusliche Freizeitgestaltung. Vor diesem Hintergrund ist die Höhe der Einmalzahlung allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Aus Sicht der AWO wäre eine laufende Sonderzahlung für die Dauer der Corona-Pandemie angezeigt. Sie sollte zudem nicht an einen bestimmten Monat des Leistungsbezuges geknüpft werden.
Das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) verpflichtet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Sozialleistungsträger mit Ausnahme der Kranken- und Pflegekassen, durch Finanzhilfen den Bestand von sozialen Diensten zu gewährleis-ten, die aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen beeinträchtigt sind. Dieser besondere Sicherstellungsauftrag ist nach bisheriger Rechtslage bis zum 31. März 2021 befristet und soll jetzt bis zum 30. Juni 2021 verlängert werden.
Die AWO begrüßt die Verlängerung des besonderen Sicherstellungsauftrages mit Nachdruck. Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, dass die in vielen Jahrzehnten gewachsene soziale Infrastruktur in Deutschland systemrelevant ist. Um den irre-versiblen Schaden abzuwenden, der sozialen Einrichtungen und Diensten infolge Corona-bedingter Beschränkungen und Schließungen droht, ist der besondere Sicherstellungsauftrag des SodEG unverzichtbar. Dass sich das SodEG als Rettungs-schirm für soziale Dienstleister im Wesentlichen bewährt, hat das vergangene Jahr gezeigt. Da die Corona-Pandemie auch bis zum Sommer dieses Jahres nicht überwunden sein wird, fordert die AWO jedoch, den besonderen Sicherstellungsauftrag zumindest bis Ende dieses Jahres zu verlängern.