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Von: Claudia Haas, Helene Hahn, Lorenz Grünewald-Schukalla
Am 21. Oktober 2021 fand das dritte Café Digital mit 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Bundesverband statt. Diesmal drehte sich alles um Engagement im digitalen Zeitalter. Als Team des Projekts „AWO digital“ wollen wir neue Gesichter und Expertisen in das Format einbringen, uns inspirieren lassen und von Ideen und Anregungen anderen Expert*innen lernen. Das dritte Café Digital wurde auf Einladung erfreulicherweise von Claudia Haas geleitet und umgesetzt. Claudia hat u.a. als Referentin der Geschäftsstelle des Dritten Engagementberichts am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft gearbeitet. Hier lässt sie die dritte Ausgabe des Café Digital Revue passieren und berichtet von Kernaspekten des Dritten Engagementberichts. Wir bedanken uns bei Claudia für das Teilen ihrer Expertise und das Gestalten des Café Digital!
Wer mehr zu den vergangenen Themen des Café Digital wissen möchte, findet hier weitere Informationen.
Kollaboratives Arbeiten mit virtuellen Whiteboards und Live-Umfragen
Zum Einstieg haben wir das Conceptboard vorgestellt, mit dem wir bei dieser Ausgabe des Café Digital gearbeitet haben. Das Conceptboard ist ein digitales Whiteboard zur virtuellen und visuellen Zusammenarbeit. Als nächstes stand das Netzwerken auf dem Plan: Mit dem Vernetzungsformat „Impromptu Networking“ entsteht ein schneller Austausch zwischen den Teilnehmenden. Dabei können unentdeckte Verbindungen und Gemeinsamkeiten aufgedeckt werden, indem in Kleingruppen mit drei Personen (via Breakoutrooms) innerhalb von drei Minuten 2-3 Fragen beantwortet werden. Die Zusammensetzung der Gruppen wird dabei per Zufall bestimmt.
Wie gut kennt ihr euch mit digitalem Engagement aus? Mit dem Tool „Slido“ haben wir eine kurze Online-Quizrunde zum Thema eingeläutet. Mitmachen konnten die Teilnehmenden entweder per Smartphone via QR-Code oder im Browser des Computers per Link. Was besonders Spaß macht: Eine (anonyme) Live-Statistik zeigt an, wie häufig die Antworten jeweils ausgewählt wurden und welches schließlich die richtige Lösung ist. Die Themen des Quiz drehten sich um den Dritten Engagementbericht, die Besonderheiten digitaler Vernetzung und Motivationsfaktoren junger Menschen für Engagement.
© Claudia Haas
Abbildung 1: Conceptboard des Café Digital #3
Input: Engagement im digitalen Zeitalter
Claudia berichtete anschließend über zentrale Themen aus dem Dritten Engagementbericht, der im Mai 2020 veröffentlicht wurde und den Blick auf Entwicklungen richtet, durch die sich das Engagement vor dem Hintergrund der Digitalisierung aller Lebensbereiche verändert. Die an die Bundesregierung gerichteten Handlungsempfehlungen sollen der Förderung des jungen Engagements im digitalen Zeitalter dienen. Für den Dritten Engagementbericht erscheinen zwei Perspektiven besonders relevant: Die Digitalisierung des bestehenden Engagementsektors und das digitale Engagement, welches sich neu herausgebildet hat.
Organisationen nehmen Digitalisierung als Strukturwandel wahr
Im Gegensatz zu jüngst entstandenen Engagementformen bestehen viele Engagement-Organisationen über einen langen Zeitraum. Für sie bedeutet Digitalisierung oft einen Strukturwandel, denn die Einführung digitaler Technologien betrifft auch grundlegende Prozesse und Strukturen. Für die Engagement-Organisationen ergeben sich daraus sowohl Potenziale (z. B. Erleichterung der Arbeit, Erschließen neuer Zielgruppen) als auch Herausforderungen (z. B. Medienkompetenz von Mitarbeiter*innen, zeitliche und finanzielle Ressourcen). Auf Basis einer Studie des Dritten Engagementberichts mit über 61 Engagement-Organisationen wurden idealtypisch fünf Organisationstypen identifiziert: Von den zurückhaltend-skeptischen bis zu den aktiv-vordenkenden Organisationen gibt es ein Heterogenes Spektrum des Umgangs mit Digitalisierung.
Online und vernetzt: Digitales Engagement
Neue und innovative Möglichkeiten des Internets und digitaler Tools werden insbesondere von jungen Menschen genutzt, um sich im Sinne des Gemeinwohls einzusetzen. Kennzeichnend für digitales Engagement ist die Individualität, zeitliche Flexibilität und die punktuelle bzw. projektförmige Beteiligung. Drei Engagementfelder, die gänzlich neue Praktiken hervorgebracht haben, wurden näher betrachtet: Das Feld der kollaborativen Problemlösungen und Wissensproduktion, das Feld der digitalen Diskurskultur sowie die Digitalisierung als Thema des Engagements. In der Diskussion mit den Teilnehmenden zeigte sich darüber hinaus ein besonderes Interesse an der Engagementdefinition: Das im Dritten Engagementbericht weit gefasste Verständnis von Engagement wurde von der Runde viel diskutiert. Welche politischen oder gemeinwohlorientierten Aktivitäten im Netz können als Engagement aufgefasst werden? An dieser Stelle wurde auch auf die unterschiedliche (Aus-)Wirkung von verbindlicherem Engagement (z.B. im Rahmen einer Organisation) und niedrigschwelligeren Engagementpraktiken (z.B. die einmalige Teilnahme an einer digitalen Konferenz) verwiesen.
Das Engagement junger Menschen – Motivationen, Einstellungen und Hintergründe
Mit den Ergebnissen der repräsentativen Jugendbefragung des Dritten Engagementberichts konnte aufgezeigt werden, welch hohen Stellenwert das gesellschaftliche Engagement für junge Menschen heute hat: 64 Prozent aller Befragten gaben an, sich in den letzten zwölf Monaten für einen gesellschaftlichen Zweck eingesetzt zu haben. Der Großteil ist in klassischen Organisations- beziehungsweise Vereinsbezügen tätig. Gleichzeitig gaben 30 Prozent der Engagierten an, außerhalb traditioneller Strukturen, z. B. in Online-Gruppen, engagiert zu sein. Werden die Jugendlichen, die das Internet oder soziale Medien für ihr Engagement nutzen, nach dem Grund des Einsatzes der Technologien gefragt, betonen sie deutlich die damit verbundenen Freiheiten. Sie schätzen die Möglichkeit, sich für viele Themen und Ziele einzusetzen ähnlich hoch wie die Freiheiten bei der Entscheidung, wofür und wann sie sich engagieren möchten.
© Claudia Haas
Abbildung 2: Gründe für Internetnutzung | Daten der Jugendbefragung
Zusammenfassung und Ausblick: Neue Denkanstöße und Ideen
Die vielen interessierten Fragen der Teilnehmenden zeigen: Digitales Engagement ist ein komplexes Thema. Engagement-Organisationen, die Angebote für digitales Engagement (weiter-)entwickeln möchten, müssen sich zunächst mit den besonderen Vorzügen der digital Engagierten auseinandersetzen: Zeitliche, projektbezogene und lokale Flexibilität. Das Café Digital #3 am 21.10.21 bot die Gelegenheit, einen kurzen, aber erlebnisreichen Tieftauchgang in die verschiedenen digitalen Engagementformen sowie in die Einstellungen und Motivationen junger Menschen zu machen. Im Austausch haben sich gemeinsame Interessen verschiedener Fachbereiche offenbart, das Thema weiter zu verfolgen. Vielen Dank an alle, die mit dabei waren!