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10.07.2020 | Pressemitteilung

AWO warnt: Neue Förderrichtlinien bedrohen Krebsberatung existenziell

Mit dem Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz sollte eine Finanzierung der Krebsberatungsstellen gesichert werden. Gestern wurden die Richtlinien der Förderung gemäß § 65e SGB V vom GKV-Spitzenverband bekannt gegeben. Insbesondere kleine Beratungsstellen sehen sich nun in ihrer Existenz und in ihrem Weiterarbeiten nachhaltig gefährdet. Warum? Mit den veröffentlichten Fördergrundsätzen wird nun klar, dass gesetzliche und private Krankenversicherung lediglich 40 Prozent der Gesamtkosten ambulanter Krebsberatungsstellen übernehmen. Wie die fehlenden 60% der Kosten finanziert werden sollen ist nicht geklärt.

 

Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes, erklärt dazu: „Ein Großteil der Beratungsstellen wird von den Fördermitteln nicht profitieren können. Zusätzlich sind mit Blick auf eine zu erwartende Förderung durch den Bund zahlreiche wichtige Fördermittelgeber vor Ort abgesprungen. Vor diesem Hintergrund fordern wir eine Anpassung der Förderrichtlinien, damit auch kleine Beratungsstellen einen Zugang zur Förderung haben. Außerdem benötigen wir dringend realistische Übergangsregelungen, damit Beratungsstellen ihre Leistungen weiter anbieten können.“

 

Das Problem: Nach den Förderrichtlinien muss die erforderliche Mindestgröße von 2,5 bzw. (mit tolerierter Abweichung) von rund 1,9 Vollzeitstellenanteilen vorgewiesen werden können. Ein Großteil der Beratungsstellen besteht allerdings aus maximal einer Vollzeitkraft. Zwar sind theoretisch Anträge durch Verbünde möglich, allerdings müssten hierfür voneinander unabhängige Beratungsstellen gemeinsam wirtschaften: dies entspricht nicht der Praxis im Alltag vor Ort.

 

Brigitte Döcker ergänzt: „Die Arbeiterwohlfahrt war noch vor einigen Jahren Träger von über 20 Krebsberatungsstellen. Davon sind heute nur noch 9 übrig. Die nun vorliegenden Fördergrundsätze sind so beschaffen, dass sie den Garaus für viele der verbliebenen Krebsberatungsstellen bedeuten. Eine bedarfsgerechte und nachhaltige Finanzierung ist unbedingt notwendig.“

 

Eine Arbeitsgruppe beim Bundesgesundheitsministerium empfahl im Rahmen des Nationalen Krebsplans: neben der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung sollte eine anteilige Finanzierung durch die Rentenversicherung, durch die öffentliche Hand sowie durch eine Selbstbeteiligung der Träger erfolgen. Brigitte Döcker hierzu: „Diese Finanzierungsstruktur muss schnellstmöglich realisiert werden!“

 

Hintergrund:

Jährlich erkranken in Deutschland mehrere hunderttausend Menschen neu an Krebs. Trotz verbesserter Heilungschancen ist Krebs nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen hierzulande die zweithäufigste Todesursache. Beratungen leisten für Menschen in einer äußerst schwierigen Lebenslage einen unverzichtbaren Beitrag zur psychosozialen Versorgung von Krebspatient*innen und ihrer Angehörigen. Einige der bedrohten Beratungsstellen bestehen bereits seit 40 Jahren.

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