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Die Bundesregierung plant eine umfangreiche Reform des Zweiten Sozialgesetzbuchs und legt nun einen Entwurf für die Einführung des Bürgergelds vor, das in mehreren Schritten die Grundsicherung für Arbeitsuchende grundlegend reformieren soll. Insgesamt sind die geplanten Änderungen im nun vorliegenden Teilpaket ein erster Schritt in die richtige Richtung, doch es gibt aber weiter Anpassungsbedarf.
Aus Sicht der AWO bleibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt ungewiss, ob der vorliegende Entwurf den Startschuss für den angekündigten Systemwechsel setzt, der in weiteren Gesetzespaketen noch komplettiert wird oder der Mut für weitere notwendige Schritte ausbleibt. Als essenziell für einen wirklichen Systemwechsel sind drei Kernbereiche zu nennen, in deren Kontext der vorliegende Entwurf zu bewerten ist:
- Die Vereinfachung der Inanspruchnahme,
- Die konsequente Umsetzung des Vertrauensprinzips, sowie
- Die Anhebung der Regelsätze auf ein bedarfsdeckendes Niveau.
Besonders beim letztgenannten Punkt bleibt das Bürgergeld-Gesetz deutlich hinter den Erwartungen zurück, da keine systematische Überarbeitung der Regelbedarfsermittlung vorgesehen ist. Die neue Formel zur Anpassung an Inflations- und Lohnentwicklung ist im Effekt zu begrüßen, kann aber systematisch nicht überzeugen. Zu begrüßen sind die vorgesehenen Karenzzeiten für Vermögen und die Angemessenheit der Unterkunft.
Im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik fallen die Entfristung des sozialen Arbeitsmarktes, die finanziellen Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung sowie die Potenzialanalyse positiv ins Auge. Besonders zu begrüßen ist die Rücknahme der verschärften Sanktionen für junge Erwachsene in Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Im Bereich der Leistungsminderungen wirkt die neue Vertrauenskultur aufgrund einiger Ausnahmen insgesamt noch nicht stringent umgesetzt.