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Von: Ragnar Hoenig
Am 13. Juli 2018 hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil den "Rentenpakt für Deutschland" vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein Gesetzespaket mit dem langen Titel "RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz" und vier rentenpolitischen Maßnahmen: die doppelte Haltelinie, Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten, Erweiterungen bei den Mütterrenten und eine Entlastung der Geringverdienenden. Die AWO hat das Gesetzespaket unter die Lupe genommen und in einer Stellungnahme kommentiert (zur Stellungnahme als PDF-Datei siehe unten). Fazit: Das Gesetz bringt teils deutliche Leistungsverbesserungen, ist aber mit Blick auf den langfristigen Rentenniveauabbau und die wachsende Altersarmut noch nicht der große Durchbruch.
"Doppelte Haltelinie": Ein vorsichtiger Schritt in die richtige Richtung
Beim Rentenniveau und beim Beitragssatz soll bis zum Jahr 2025 eine "doppelte Haltelinie" eingezogen werden. Das Rentenniveau darf demnach eine Untergrenze von 48 Prozent netto vor Steuern nicht unterschreiten und der Beitragssatz eine Obergrenze von 20 Prozent nicht überschreiten. Flankiert werden diese Ziele durch eine automatische Niveauschutzklausel und durch eine Beitragssatzgarantie in Form einer höheren Steuerbeteiligung des Bundes. Aus Sicht der AWO wird der Rentenniveauabbau zwar nicht gestoppt, ihm wird aber immerhin eine Grenze nach unten gesetzt. Die doppelte Haltelinie ist deshalb nur eine Zwischenlösung. Wenn der Rentenniveauabbau langfristig gestoppt werden soll, müssen die Kürzungsfaktoren bei den Rentenanpassungen gestrichen werden.
Erwerbsminderungsrenten: Verbesserungen, aber nur für Neurentner
Bei den ab 1.1.2019 beginnenden Erwerbsminderungsrenten soll es Verbesserungen geben. Hierzu sollen die so genannten Zurechnungszeiten verlängert werden, die erwerbsgeminderte Versicherte so stellen, als wären sie nicht aus dem Erwerbsleben ausgeschieden, sondern hätten bis zu einer bestimmten Altersgrenze weiter gearbeitet und Beiträge entrichtet. Aus Sicht der AWO würde der Vorschlag bei künftigen Erwerbsminderungsrenten zu teilweise deutlichen Verbesserungen führen. Allerdings gehen diejenigen, die bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen, wieder einmal leer aus. Hier fordert die AWO weitere Verbesserungen. Außerdem teilt die AWO nicht die Auffassung der Bundesregierung, dass die Abschaffung der Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten keine Alternative darstelle. Die Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten sind systemwidrig und müssen abgeschafft werden!
"Mütterrente II": Viele Rentner*innen werden enttäuscht sein.
Trotz der Verbesserungen bei den "Mütterrenten" im Jahr 2014, klafft zwischen den Rentenleistungen für die Erziehung von vor 1992 und von nach 1991 geborenen Kindern immer noch eine Lücke von mehr als 30 Euro pro Kind. Diese Lücke soll jetzt für Mütter bzw. Väter geschlossen werden, die mehr als zwei Kinder erzogen haben. Aus Sicht der AWO ist zwar richtig, dass die Gerechtigkeitslücke bei den "Mütterrenten" weiter geschlossen wird. Der Vorschlag der Bundesregierung würde allerdings eine massive Ungleichbehandlung der Mütter und Väter bedeuten, die weniger als drei Kinder erzogen haben. Außerdem bekräftigt die AWO ihre Forderung, dass die "Mütterrenten" als gesamtgesellschaftliche Aufgabe in vollem Umfang aus Steuermitteln finanziert werden muss.
Entlastung von Geringverdienenden: Mehr netto vom brutto ohne Rentennachteil
Geringverdienende mit weniger als 1.300 EUR brutto im Monat sollen bei den Rentenversicherungsbeiträgen entlastet werden, ohne dass dies zu niedrigeren Renten im Alter führt. Hierzu wird die so genannte "Gleitzone" zu einem "Einstiegsbereich" umgebaut. Die AWO konstatiert, dass die Maßnahme zwar zu einer Entlastung führt, die allerdings nicht für alle Geringverdienenden spürbar ausfallen wird. Es stellt sich die Frage, ob die Entlastung durch Beitragszuschüsse oder bei der Einkommenssteuer nicht besser angesiedelt ist. In keinem Fall dürfen durch dieses Instrument weitere Anreize für eine Niedriglohnbeschäftigung gesetzt werden. Im Übrigen merkt die AWO an, dass für die Alterssicherung der Geringverdienenden durch die Maßnahme nur wenig gewonnen ist. Die Bundesregierung bleibt gefordert, Verbesserungen für die rentenrechtliche Absicherung von Geringverdienenden auf den Weg zu bringen.