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Heute wird im Bundestag der Gesetzesentwurf für die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze beschlossen, die ab 1. Januar 2021 angehoben werden sollen. Der AWO Bundesverband kritisiert, dass die Neuberechnung der Lebenswirklichkeit der betroffenen Menschen nicht gerecht wird. Aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt habe der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum zugunsten der betroffenen Menschen nicht voll ausgeschöpft.
Dazu erklärt AWO Bundesgeschäftsführer Jens M. Schubert: „Unterm Strich kann die vorgesehene Regelbedarfsberechnung weder überzeugen noch zufriedenstellen. Die Bundesregierung hat es leider versäumt, der Lebenswirklichkeit der Menschen bei der Regelsatzbemessung ausreichend Rechnung zu tragen. Damit wird es für die sieben Millionen Grundsicherungsbeziehenden abermals keine durchgreifenden Verbesserungen geben.“
Die Berechnung orientiere sich methodisch an dem Verfahren von vor vier Jahren, aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse seien nur halbherzig berücksichtigt worden. Die Corona-bedingten Mehrkosten, die den Menschen seit März dieses Jahres entstünden, blieben trotz des neuerlichen Lockdowns unberücksichtigt. Zudem würde der Regelsatz durch zahlreiche Streichungen systematisch heruntergerechnet. So werde der finanzielle Handlungsspielraum der Betroffenen übermäßig eingeschränkt.
„Die Teilhabebedarfe werden größtenteils mit dem lapidaren Hinweis auf einen angeblich größeren Gestaltungsspielraum gestrichen und kommen damit im Ergebnis auch dieses Mal zu kurz“, resümiert Schubert, „Alle diese Defizite überschatten die positiven Neuerungen, wie zum Beispiel den von der AWO lange geforderten Anspruch auf Übernahme der Kosten für Schulbücher oder die erstmalige Berücksichtigung von Mobilfunkkosten. Es braucht rückwirkende Leistungen für die Corona-Mehrkosten und eine angemessene Berechnung des tatsächlichen Regelbedarfs. Hier hätte der Gesetzgeber deutlich mehr soziales Augenmaß zeigen müssen.“
Hintergrund:
Der Gesetzgeber ist zur Neuberechnung der Regelbedarfe verpflichtet, wenn die Ergebnisse der zu Grunde liegenden Statistik, der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen. Mit dem heute verabschiedeten Regelbedarfsermittlungsgesetz wird dies für die Regelbedarfe ab 2021 umgesetzt. Die Regelsätze sollen gemeinsam mit den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den Mehrbedarfen den existenziellen Bedarf für Leistungsberechtigte des SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetz abbilden. Die Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung steht seit Jahren in der Kritik.
Kontakt:
Jennifer Rotter
Pressesprecherin