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Die geplanten Neuregelungen sind sozial ungerecht.
Das so genannte zweite Familienentlastungsgesetz war gestern Gegenstand einer öffentlichen Anhörung im Bundestag. Der Gesetzentwurf sieht u.A. die Erhöhung von Kindergeld und entsprechenden Freibeträgen vor. Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt kritisiert den Entwurf, da er de facto nicht zu einer Entlastung benachteiligter Familien führt. Stattdessen muss die Kinderarmut in den Blick genommen und eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung eingeführt werden.
Laut Gesetzesentwurf soll das Kindergeld um 15 Euro im Monat erhöht werden. Entsprechend ist vorgesehen, den Kinderfreibetrag und den Freibetrag für Bildung, Erziehung und Ausbildung (BEA) um je 24 Euro anzuheben. Insbesondere die steuerliche Entlastung durch die Erhöhung des BEA geht über das im 13. Existenzminimumbericht hinterlegte verfassungsrechtlich Notwendige hinaus.
Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt kritisiert die geplanten Neuregelungen als sozial ungerecht. Familien mit geringeren oder mittleren Einkommen beziehen Kindergeld, bei wohlhabenderen Familien greifen dagegen die steuerlichen Entlastungen durch die Kinderfreibeträge. Beziehen Familien Hartz IV, wird das Kindergeld angerechnet. Das bedeutet, dass einerseits die vorgeschlagene Kindergelderhöhung keine entlastende Wirkung für die allerärmsten Familien zeigen wird und andererseits wohlhabenden Eltern über die Kinderfreibeträge zusätzliche Erleichterungen im Vergleich zu Kindergeldbeziehenden zugutekommen.
„Das Familienentlastungsgesetz in der derzeitigen Form ist nur scheinbar gerecht, weil es je nach Portemonnaie der Eltern unterschiedlich wirkt“, kritisiert Jens M. Schubert, Bundesgeschäftsführer des AWO Bundesverbandes, „Die Anrechnung der Freibeträge bringt den ganz Reichen noch mehr Steuer-Vorteile, während Familien in der Grundsicherung leer ausgehen, weil das Kindergeld von Hartz IV abgezogen wird. Die Schere zwischen Arm und Reich geht so noch weiter auseinander. Diese Schieflage bei der Familienförderung muss ein Ende haben."
Die Arbeiterwohlfahrt fordert daher, die Freibeträge nicht über das verfassungsgemäß Notwendige hinaus zu erhöhen und stattdessen eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung einzuführen.
Schubert: „Zu viele Kinder hierzulande sind von Armut bedroht. Es ist traurig, dass wir das seit Jahren hinnehmen, in einem der reichsten Länder der Welt. Wir müssen endlich damit aufhören, mit kosmetischen Maßnahmen dagegen vorzugehen, und ganzheitliche Lösungen finden. Stimmiger wäre eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung, die die AWO seit Langem fordert. Sie würde dafür sorgen, dass das Geld da ankommt, wo es tatsächlich gebraucht wird: bei armutsgefährdeten Kindern und ihren Familien.“
Kontakt:
Jennifer Rotter
Pressesprecherin