Warum Stammtischparolen nicht unwidersprochen bleiben dürfen.

Der Plausch an der Kasse, das Abendessen beim Familienbesuch oder die gesellige Runde in der Kneipe – Stammtischparolen, also vorurteilsbeladene und in der Regel stark vereinfachende Aussagen, gedeihen meist in vermeintlich unverfänglichen Gesprächssituationen und prägen diese dann nachhaltig negativ. Denn sie sind eine Form, Alltagsrassismus zu leben und (auch) unterbewusst wirkende rassistische Haltungen zum Ausdruck zu bringen. Meistens sind sie aggressiv, zugespitzt, einfach, plump, schlagwortartig, verallgemeinernd und kommen mit einem Absolutheitsanspruch daher, der unanfechtbar wirkt.

"Wir" gegen "Die"

Dabei machen sie immer einen Gegensatz zwischen „uns“ und „den Anderen“ auf, wobei „die Anderen“ abgewertet werden. Inhaltlich geht es meist um die Themen, die latent oder gerade hochaktuell die Menschen in unserer Gesellschaft beschäftigen: Einwanderung, Asylpolitik, NS-Vergangenheit oder Antisemitismus. Für diese komplexen Sachverhalte haben sie dann vermeintlich einfache Lösungen.

Menschen, die mit Äußerungen wie diesen konfrontiert werden und sie nicht teilen, bleiben oft mit einem Gefühl der Hilflosigkeit und Beklemmung zurück. Vielen fällt es schwer, sich in dem Moment, in dem sie mit ihnen konfrontiert werden, zu positionieren – weil sie überrascht werden oder die bedrohliche Atmosphäre sie verunsichert. 

Was unwidersprochen bleibt, wird normal

Auch wenn das Gefühl der Überwältigung in solchen Momenten nachvollziehbar ist, ist es wichtig, sich gegen „Stammtischparolen“ zu positionieren. In vielen Fällen ist das Ziel einer Gegenpositionierung gar nicht unbedingt, den*die „Parolenschwinger*innen“ zu überzeugen. Oft genug wird das nicht möglich sein. Je öfter die Parolen aber unwidersprochen stehen bleiben, für desto legitimer und normaler werden sie gehalten. Das wird nach und nach dem Konsens einer demokratischen Gemeinschaft schaden. Die Idee des Pluralismus ist eine, die geschützt werden muss. Und mehr noch als Ideen sind es konkrete Menschen, die hier die Unterstützung von Verbündeten brauchen. Denn wer diesem Verhalten widerspricht, schützt nicht nur die Idee von Demokratie, sondern auch und gerade ganz konkret Menschen, die von Ausgrenzung betroffen sind.

Das wird noch einmal besonders wichtig, wenn Stammtischparolen ihren Weg ins Netz finden. In Debatten rund um Artikel, Kommentare und Gruppen kann sich ohne Intervention eine sich selbst bestärkende rassistische Dynamik entwickeln, die, wenn sie unwidersprochen bleibt, mit dem Gefühl der Legitimität menschenverachtender Aussagen einhergehen kann.

Was tun gegen Stammtischparolen?

Es gibt zahlreiche Tipps für Strategien, auf Stammtischparolen zu reagieren: Es gibt die Möglichkeit, ihnen mit Hilfe von Hintergrundwissen und sachlichen Fakten zu begegnen. Andere Methoden nehmen eher den Ursprung für die Äußerung der Aussage und die Tatsache, welche Ängste und Unsicherheiten ihnen zugrunde liegen, in den Blick. Solche Strategien beziehen sich auf das Konzept der gewaltfreien Kommunikation und haben zum Ziel, Grenzen zu setzen: so wird der anderen Person die dominante Rolle im Gespräch genommen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Positionierung ausschließlich mithilfe von Fakten verinnerlichte, vorurteilsbehaftete Denkmuster nicht aufbrechen.

Wichtig ist immer: Wenn die Situation gefährlich werden könnte, geht die eigene Sicherheit vor!

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