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17.04.2023 | Artikel

Minimale Veränderungen können zu ganz neuen Erfolgen führen

Dieser Artikel entstand im AWO-Netzwerk „Zukunft des Mitgliederverbandes“. Im Netzwerk organisieren sich Hauptamtliche, die den Mitgliederverband stärken wollen. Dazu werden Praxisbeispiele und Handlungsvorschläge zur Aktivierung und Vernetzung der Ortsvereine sowie der Öffnung des Verbandes für neue Formen des Engagements gesammelt. Der vorliegende Artikel stammt aus der Arbeitsgruppe „Aktivitäten aktivieren/Vernetzung stärken“ und wurde von Kimberly Bauer (AWO Bezirksverband Niederrhein e.V.), Gudrun Schmidt-Payerhuber (AWO Bezirksverband Württemberg e.V.), Dennis Schälicke (AWO Bundesverband Baden), Vivien Syfus (AWO Bezirksverband Braunschweig e. V.), Jasmin Trunk (AWO Kreisverband Bamberg Stadt und Land e.V.) & Jörg-Michael Scharf (AWO Bezirksverband Nordhessen e.V.) verfasst. Er spiegelt die Meinung der Autor*innen wider.

 

Beachte folgende Punkte bei deiner nächsten Veranstaltung und gewinne damit neue Mitglieder

Ein funktionierender Verband besteht aus vielen Mitgliedern, die aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft kommen und mit ihren jeweils individuellen Erfahrungen die Zusammenarbeit bereichern. Dazu gehört auch, dass es alte und junge Mitglieder braucht, damit vielfältige Perspektiven vertreten sind und festgefahrene Vorgehensweisen vermieden werden. Leider müssen wir uns besonders nach der Corona-Pandemie einer anderen Realität stellen. Es gibt immer weniger (neue) Mitglieder, Vorstände  legen aus Altersgründen ihre Ämter nieder und die Gewinnung von jungen Mitgliedern gestaltet sich schwierig. Darunter leiden insbesondere ehrenamtliche Aktivitäten, da es immer weniger Engagierte gibt, die auch langfristige Aufgaben – wie z.B. eine Vorstandsfunktion – ausüben können und wollen. Dies hat zur Folge, dass es zu immer weniger Vereinsaktivitäten kommt, neue Zielgruppen kaum noch erschlossen und somit auch keine zukünftigen Mitglieder gefunden werden können. Reduzieren sich die Verbandsstrukturen, wird auch die Stimme leiser, die wir im Namen unserer Zielgruppen erheben, bzw. es sinken die Unterstützungsmöglichkeiten für Engagierte. Es ist ein Teufelskreislauf, den wir durchbrechen wollen.

Unsere Idee war es, mit den Ortsvereinen gemeinsam die Aktivitäten, die bereits gut laufen, so umzugestalten, dass auch neue Zielgruppen angesprochen und langfristig sogar neue Mitglieder gewonnen werden können. Wir wollten hierbei auf die Erfahrung der Ehrenamtlichen zurückgreifen, um nicht ohne ihre Einschätzung einen Vorschlag zu erarbeiten.

Unserer Erfahrung nach wird es mehr hauptamtliche Ressourcen brauchen, um [...] Ortsvereine zu unterstützen und weiteres Engagement zu ermöglichen.

Wir sind mit verschiedenen Ortsvereinsvorsitzenden in den Austausch gegangen. Hier wurde uns aber schnell klar, dass einige Ortsvereine und Gliederungen zwar offen für Veränderung waren, jedoch auf Ideen und Vorschläge von uns, den Hauptamtlichen, gesetzt hatten. Da der gewünschte Input- und Beteiligungsprozess mit den Ortsvereinen so nicht gut umgesetzt werden konnte, haben wir im Netzwerk weitere Umstrukturierungsmöglichkeiten erarbeitet.

Unserer Erfahrung nach wird es mehr hauptamtliche Ressourcen brauchen, um Ehrenamt insgesamt und eben auch Ortsvereine zu unterstützen und weiteres Engagement zu ermöglichen. So kann man etwa von hauptamtlicher Seite Aktionen planen, an denen sich Ortsvereine ohne großen Aufwand beteiligen können.

Bsp: Heiße Nadeln gegen kalte Füße

Anleitung zur Aktion "Socken stricken leicht gemacht" der AWO Göppingen: 1. Anweisung lesen, 2. Socken, Schal oder Mütze stricken, 3. Strickwaren beim AWO KV Göppingen vorbeibringen, 4. sich freuen, dass Menschen warme Füße, Hälse, etc. haben.

Die AWO Württemberg und Baden hat gute Erfahrung gemacht mit zwei Weihnachtsaktionen. 2021 haben die Ortsvereine dazu aufgerufen, Plätzchen zu backen und zu spenden, die dann im Ahrtal verteilt wurden. 2022 kamen bei der Aktion „Heiße Nadeln gegen kalte Füße“ ca. 2000 Paar selbstgestrickte Socken aber auch Schals, Mützen, Pullover usw. zusammen, die die Tafeln dann an ihre Kund*innen weitergeben konnten. Der Tafelverband wurde im Vorfeld als Kooperationspartner gewonnen.  Bei beiden Aktionen gab es Vorlagen für Pressetexte, denn backen bzw. stricken sollten keineswegs nur die Mitglieder. Alle Menschen in den Kommunen der Ortsvereine sollten von der Aktion erfahren, sich beteiligen können und so mit der AWO in Kontakt kommen. Organisiert wurden der Transport bzw. die Weitergabe. Ortsvereine, die sich beteiligt haben, waren sehr erstaunt über die Resonanz.

Solche Mitmach-Aktionen können die Ortsvereine auch für die eigene Pressearbeit nutzen, um z.B. auf ihr Programm aufmerksam zu machen und so eventuell neue Mitglieder zu gewinnen.

Nachfolgend wollen wir den Ortsvereinen nun noch konkrete Veränderungsvorschläge mit auf den Weg geben.

Aktive Anwerbung von neuen Zielgruppen

In unseren AWO-Ortsvereinen und Kreisverbänden finden regelmäßig Weihnachtsfeiern und Sommerfeste statt, zu denen andere Gruppen für Auftritte (z. B. der Kindergarten aus der Nachbarschaft, Chöre, Tanzgruppen etc.) eingeladen werden. Diese Gruppen sind direkt ansprechbar und können aktiv auf die AWO und eine eventuelle Mitgliedschaft aufmerksam gemacht werden. Eventuell lässt sich hierbei auch eine Kooperation bilden. Beispielweise könnte mit dem Kindergarten über eine Vorlese-Kooperation gesprochen werden, bei der die AWO-Mitglieder des OVs in die Kita gehen und den Kindern Bücher vorlesen. Mit einer Tanzgruppe kann zum Beispiel über einen Tanzkurs für AWO-Mitglieder gesprochen werden. Im Gegenzug kann die Tanzgruppe vielleicht in der Begegnungsstätte des OVs einen Raum dafür nutzen. Um sicher zu gehen, dass ein Angebot auf eine neue Zielgruppe passt, ist es hilfreich schon während der Planung Personen aus dieser Zielgruppe zu befragen oder einzubinden. Dies sind alles Maßnahmen, um bislang nicht erreichte Zielgruppen aktiv ansprechen zu können und für die AWO zu begeistern.

Inklusion von Berufstätigen

Ein Teil der Mitgliederversammlungen oder Angebote eines Ortsvereins finden montags bis freitags zwischen 10:00 Uhr und 16:00 Uhr statt. Vollzeit-Beschäftigten ist es zeitlich nicht möglich, an diesen Angeboten teilzunehmen. Hierauf muss bei Planungen für Veranstaltungen, bei denen neue Zielgruppen angesprochen werden sollen, geachtet werden. Bei Angeboten wie Krabbel-Kursen etc., bei der die Zielgruppe (z. B. Eltern in Elternzeit) vormittags zur Verfügung steht, muss selbstverständlich nicht darauf geachtet werden. Trotzdem sollten Ortsvereine für die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppen sensibilisiert werden, wenn es um die Festlegung von Uhrzeiten geht.

Vernetzung mit lokalen AWO-Einrichtungen

Oft entfaltet sich Engagement rund um Einrichtungen der AWO. Wenn es wenig Berührungspunkte zwischen den Soziale Dienstleistungen und dem Engagement im Ortsverein gibt, liegt in Kontakt und Vernetzung Potenzial.

Quartiersmanagement einbinden

Die AWO stärkt in vielen Städten das soziale Zusammenleben in den Nachbarschaften mit Quartiersmanager*innen. Quartiersbüros sind immer auch Orte des Engagements. Eine enge Verzahnung mit den Aktivitäten des Mitgliederverbands ist gewinnbringend, denn die Quartiersmanager*innen kennen die Bedarfe der Menschen und können in ihren Netzwerken auf die Angebote des Ortsvereins hinweisen sowie Menschen für den Verband begeistern.

Fazit

Viele unserer Ortsvereine sind bereits sehr aktiv und bringen die AWO mit ihren Veranstaltungen und ihrer Arbeit in den Mittelpunkt der Gesellschaft. Wir danken allen Engagierten und Mitgliedern. Dieses Engagement ist eine wichtige Stütze der Gesellschaft und lässt die Werte der AWO - Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz - lebendig werden. Dieses Engagement gehört zur DNA der AWO und muss unterstützt werden. Diese Unterstützung ist notwendig, stehen unsere Ortsvereine doch vor enormen Herausforderungen. In der Ansprache neuer Zielgruppen und der Vernetzung mit Einrichtungen der AWO sehen wir ein hohes Potenzial, um diese Herausforderungen mit einfachen Schritten zu begegnen.

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