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Wie groß ist das Thema Kinderarmut in Deutschland wirklich? In Deutschland wachsen ca. 3 Millionen Kinder und Jugendliche in Armut auf, das ist jedes fünfte Kind und Jugendliche*r. Trotzdem spricht die Politik nur von Familienarmut – doch es braucht den Fokus auf Kinderarmut als eigenständiges Problem. Über die Dimensionen von Kinderarmut in Deutschland, ihre bis in das Erwachsenenleben hineinwirkende Folgen und welche Strategien es braucht, um Kinderarmut langfristig zu überwinden, darüber spricht Luisa Kantelberg, Bundesvorsitzende des Bundesjugendwerks der AWO.
Kinderarmut in Deutschland – wie groß ist das Thema denn wirklich?
Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in Armut auf. Das sind fast 3 Millionen Kinder und Jugendliche. Ein junger Mensch zu sein ist damit ein überdurchschnittliches Armutsrisiko. Wie kann das sein, in einem der reichsten Länder der Welt?
Häufig wird in der Politik lieber von Familienarmut anstatt von Kinderarmut gesprochen. Kinder sind in dieser Perspektive die Anhängsel armer Eltern. Was dabei aus dem Fokus gerät ist, wie sehr Armut das Leben von jungen Menschen bestimmt. Auch wenn gilt: Keine armen Kinder ohne arme Eltern, muss Kinderarmut als eigenständiges Phänomen betrachtet werden.
Was sind denn die langfristigen Folgen von Kinderarmut?
Genau das untersucht die AWO-ISS-Kinderarmutsstudie schon seit über 20 Jahren. Das Ergebnis: Kinderarmut ist weit mehr als ein punktueller Mangel an Geld. Armutserfahrungen wirken sich negativ auf alle wichtigen Lebensbereiche – Bildung, Gesundheit, soziale Teilhabe und vieles mehr aus. Kinderarmut bedeutet allzu oft auch Armut im jungen Erwachsenenalter und muss daher als zentrales Entwicklungsrisiko klar benannt werden!
Armut macht klein, Armut beschränkt die eigene Freiheit, den eigenen Erfahrungshorizont, die eigene Selbstwirksamkeit. Armut bedeutet ständigen Verzicht, Zurückweisung und häufig auch Scham. Es ist endlich an der Zeit, Kinderarmut abzuschaffen! Jeder junge Mensch hat ein Recht auf ein gutes Aufwachsen ohne Armut, ein Versprechen auf eine gute Zukunft.
Ganz konkret: Was muss getan werden, um Kinderarmut zu verhinden?
Was wir dazu brauchen ist klar: Eine Politik, die die Bedarfe und Interessen von jungen Menschen ernst nimmt und die endlich mit uns und nicht nur über uns spricht. Wir fordern politische Teilhabe und Mitbestimmung in den verschiedenen Politikfeldern, die uns und unsere Zukunft betreffen. Dann würden wir endlich auch zu einer anderen Politik gegen Kinderarmut kommen.
Die AWO wie auch das Bundesjugendwerk der AWO fordern eine Kindergrundsicherung, die Kinderarmut wirksam abbaut und mit der jedes Kind gleich viel wert ist. Arme Kinder brauchen kein Hartz-IV, sondern die Ressourcen, mit denen sie finanziell abgesichert sind und mit der echte und gleichberechtigte soziale Teilhabe möglich ist.
Wichtig ist zudem, die Rahmenbedingungen für gute und existenzsichernde Arbeit zu verbessern, insbesondere auch für junge Menschen und Eltern.
Außerdem fordern wir einen Ausbau der sozialen und kulturellen Infrastruktur. Dazu zählen beispielsweise öffentliche Einrichtungen wie Bibliotheken, Schwimmbäder, Schulen, Kitas, Kinder-und Jugendzentren und vieles mehr.
Die nächste Bundesregierung muss die Weichen neu stellen. Schluss mit dem Klein Klein! Eine Politik für das Wohlergehen aller Kinder ist möglich! Lasst uns gemeinsam Kinderarmut beenden, Deutschland, du kannst das!
© AWO Bundesverband
Weiteres zur Bundestagswahl
Die AWO begleitet die 12 Wochen bis zur Wahl unter dem Motto „Deutschland, Du kannst das!“ mit sozial- und gesellschaftspolitischen Forderungen an die kommende Bundesregierung. Dieser Artikel wurde im Rahmen der Themenwoche „Kinderarmut beenden“ veröffentlicht. Mehr dazu unter: https://awo.org/bundestagswahl-2021